Thalassa! Thalassa! im Musée cantonal des beaux-arts, Lausanne
Das Meer in der Kunst, ein in jeder Hinsicht weites Thema. Die Ausstellung in Lausanne spannt den Bogen von den romantischen Gemälden des 19. bis zu Fotos von den Bootsflüchtlingen des 21. Jahrhunderts. Die thematische Gliederung wird mit «Küsten», «Tiefen», «Abgründe» benannt, einmal historisch und einmal zeitgenössisch. Auf den Bildern der Romantik steigen Nymphen aus schäumenden Wellen und in den Hafenstädten wird der blühende Handel abgebildet. Das offene Meer hingegen wird lange als Bedrohung wahrgenommen. Doch die Künstler (sehr wenige Künstlerinnen) sind schon früh angezogen von der Weite des Horizontes über dem Wasser. Zu bewundern sind auch zahlreiche Muscheln, Algen, Seesterne, die ja den Menschen erst mit den langsam erforschten Tiefen der Ozeane bekannt wurden. Zuerst skizziert, dann fotografiert, wurden die Motive auch oft für Stoffe oder Keramik verwendet. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gibt es dann lebendige Bilder des Unterwasserlebens - fast unglaublich, wie selbstverständlich für uns Einblicke in die tiefsten Tiefen der Ozeane inzwischen geworden sind.
Die zeitgenössische Auseinandersetzung und die Bilder der Meere werden notgedrungen auch politisch und ökologisch, denn «kann man sich immer noch ein ruhiges Bild der Küste machen, wenn an den Ufern, die einst den Stoff für Epen und Sagen der westlichen Kultur lieferten, die Ferngläser von Umweltschützerinnen und Grenzwächtern auf den Horizont gerichtet sind?» (Ausstellungsführer). François Burland kartografiert mit roter Tinte auf zusammengesetzten Papiertüten Migrantengeschichten, symbolische Bilder von Ängsten und Fremdheit. Auf einem Bild von Miriam Cahn sinken die lebensgrossen Körper einer Frau und eines Kindes ins Meer, in der grossen Videoinstallation von Yael Bartana sinkt ein endloser Regen von Erinnerungen an Dramen, Kriegen, Völkermorden symbolisch ins Wasser. Der künstlerische Höhepunkt ist dann das «Crochet Coral Reef», eine in allen Farben schillernde, riesige Installation von Korallenriffen – gehäkelt. Wir können uns an Komposition, Aufbau, Farborgien und genialer Handarbeit kaum sattsehen. Es ist das Werk von 4'000 Teilnehmerinnen, das unter der Leitung von Margareth und Christine Wertheim im Museum Frieder Burda entstand. Es gibt aber offenbar weltweit 50 solcher Korallenriffe, an denen 25’000 Menschen mitgestaltet haben. (Leider nur noch bis 12. Jan. 2025)