DIE JAGD von Sasha Filipenko Tatsächlich habe ich das noch nie erlebt, dass mir ein Buch Angst macht beim Lesen. Doch gerade deshalb finde ich die Lektüre wichtig, oder sogar notwendig. Wie der belarussische Autor die gesellschaftspolitische Situation in Russland schildert, lässt einem den Atem stocken – und das Buch wurde 2017 geschrieben. Jetzt lesen und hören wir täglich genau solche News. «Russland ist ein Land, in dem die Mehrheit nur Lügen glauben will», sagt einer der Protagonisten, der es wissen muss. Er arbeitet für den Oligarchen Wolodja Slawin, der den kritischen Journalisten Anton Quint fertigmachen lässt. Dieser hat aufgedeckt, dass er ein riesiges Vermögen an Liegenschaften und Konten im Ausland hat, in Russland aber den überzeugten Patrioten spielt und den Westen verteufelt, während sich seine Familie auf der Jacht im Mittelmeer fläzt. Einfach umbringen kann man eine solche Person heute nicht mehr, die ganze Welt-Presse würde darüber berichten und es könnte politische Folgen haben. Also muss der Mann so gequält werden, dass er Russland verlässt. Der Oligarch beauftragt zwei gut bezahlte Vertraute mit dieser Aufgabe, Geld spielt keine Rolle. Es ist fast unerträglich, mit welch grauenvollen, aber legalen Mitteln, der jungen Familie Quint das Leben zur Hölle gemacht wird. Aber Anton will bleiben, weiter publizieren, die Menschen informieren, die es wissen wollen, auch wenn das eine Minderheit ist. Denn er erhält wichtige Insiderinfos von einem der Söhne des Oligarchen, der seinen Vater verrät. Das Ende ist schrecklich, Filipenko erspart uns nichts. Er selbst lebt seit zwei Jahren nicht mehr in Russland, sondern «an wechselnden Wohnorten in Westeuropa», schreibt der Diogenes Verlag. Wir müssen uns mindestens zumuten, über solche Zustände auf dem heimischen Sofa zu lesen, solange Millionen von Menschen in solchen Zuständen leben müssen.
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