Samira El-Maawi: IN DER HEIMAT MEINES VATERS RIECHT DIE ERDE WIE DER HIMMEL
Die Ich-Erzählerin ist ein etwa 10-jähriges Mädchen. Sie lebt in Zürich, ihre Mutter ist Schweizerin, der Vater kommt aus Sansibar. Sie ist also nicht weiss*, sie ist braun. Und das prägt alle ihre Erlebniswelten, sie ist überall anders. Was sie ja gar nicht ist, sie ist doch ein ganz normales Mädchen, das einfach dazugehören will. Wie diese Erzähl-Stimme festhält, was sie erlebt, was sie oft verwirrt, verletzt, verwundert, das ist berührend und sprachkräftig. Die Kinderstimme reflektiert nicht, sie beschreibt. Dies in einer reduzierten, dichten Sprache, in der das Kindliche sehr schön literarisch aufgeht. Der schmale Roman erzählt die Geschichte der Kleinfamilie über vielleicht zwei Jahre: Die ältere Schwester, die heftig pubertiert, der Vater der die Stelle verliert, frustriert ist, sich ganz neu für den Islam interessiert, die Mutter, die sich einsetzt, kämpft und doch verliert. Das alles ist leise, mit grosser Eindringlichkeit erzählt.
*Anmerkung im Roman: «Weiss wird klein und kursiv geschrieben, wenn es die privilegierte Position innerhalb der Machtverhältnisses Rassismus abbildet und soll zeigen, wer in einer mehrheitlich weiss dominierten Gesellschaftsnorm oft unbenannt bleibt.»
