Um es gleich vorwegzunehmen: Ich weiss es nicht wirklich, kann nur mutmassen. Vor mehr als einem Jahr habe ich den ersten Band der «Neapolitanischen Saga» gelesen, kurz danach den zweiten und in den letzten Wochen Band drei und vier. Und zwar süchtig, ich las in jeder freien Minute – und hätte wahnsinnig gern noch weitergelesen. Aber es ist zu Ende. Wir konnten etwa fünf Jahrzehnte des Lebens der Ich-Erzählerin Elena Greco mitleben, das Leben ihrer Freundin Lila, ihrer Familie, der verschiedenen Clans des Viertels Rione in Neapel. Aber noch viel mehr: wir (oder sicher wir älteren Lerser/-innen) erlebten wieder die die aufmüpfigen Zeiten der 60er Jahre, die politische Unruhe der 70er, die Anfänge des kämpferischen Feminismus – die Bewegungen in den Büchern erfassen die unglaublichen Veränderungen in individuellen Lebensgeschichten wie in sozialen, wirtschaftlichen, politischen Zusammenhängen. Genial, wie wir durch ein halbes Jahrhundert Europa, Italien, Neapel, Armutsquartier, Frauenleben geführt werden. Der packendste Anteil ist wohl doch die Emanzipationsgeschichte einer Frau, exemplarisch sicher, aber in der eindringlichen Lebendigkeit und Individualität, wie es nur grosse Literatur möglich macht. Wer immer diese Frau ist, die das geschrieben hat – wir können ihr nur danken für dieses epochale Werk!
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