Erschütternd andere Sicht auf die Welt
- Margrit Schaller
- vor 2 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
JAMES von Percival Everett Manchmal braucht es einfach eine Weile, bis ein Buch, das man schon lange auf der Leseliste hatte, zu einem findet. Zum Glück ist das mit diesem geschehen. James, der schwarze Sklave, begleitet mich auch noch Tage nach der Lektüre. Die Erinnerungen an Mark Twains «Die Abenteuer des Huckleberry Finn» sind nur bescheiden vorhanden, lange ist’s her. Aber dass da ein Sklavenjunge in der Geschichte dabei war, ist klar. In Everetts Um-Schreibung ist er, der Sklave Jim, die zentrale Figur in der Abenteuerreise auf dem Mississippi. James, wie er eigentlich heisst, führt, plant, leitet die Flucht auf dem Boot und durch die Wälder. Wenn sie Menschen begegnen, muss Jim das Eigentum von Huck sein. Huck geht ja als Weisser durch, obwohl er das nicht ist. Für Huck ist die Reise Abenteuer, für Jim geht es immer ums Überleben. Er ist ein sehr gescheiter und gebildeter junger Mann. Da er Eigentum eines Richters war, schlich er sich heimlich in dessen Bibliothek, lernte lesen und verschlang Bücher. Er spricht perfekt Englisch, muss aber als Sklave falsch und dümmlich reden. Er flieht, weil er verkauft werden und Frau und Tochter zurücklassen soll. Sein Plan ist es, in einen freien Staat zu fliehen, dort Geld zu verdienen und seine Familie freikaufen zu können. Tatsächlich kommt es zu einem glücklichen Ende – aber der Weg dahin führt durch unglaublich schlimme, brutale und perverse Geschichten. In Ton und Begebenheiten lehnt sich Everett – scheint mir – an Mark Twain an. Aber die Welt ist eine ganz andere, in der Realität von James. Der Umgang mit den Sklaven wurde vielleicht noch nie in dieser banalen Grausamkeit beschrieben «…eine unerhörte Provokation, die an die Grundfesten des amerikanischen Mythos rührt.» (Klappentext). Auf YouTube gibt es sehr spannende Gespräche mit Percival Everett zum Buch.



