DIE LADENHÜTERIN von Sayaka Murata
In jeder Beziehung ganz anders als «normale Menschen» ist die Protagonistin Keilko Furukura und anders ist – wohl vor allem für uns EuropäerInnen - auch ihre Arbeitswelt. Keiko ist Autistin, ohne dass dieser Begriff je vorkommt. Schon als Kind fällt sie immer wieder auf, weil sie schwerlich Empathie empfinden kann. Sie muss auch in eine «Behandlung», die aber nichts verändert. Nach dem Studium will sie nur noch eines, nicht mehr anders sein, sondern einfach ein unauffälliges Leben leben und irgendwo dazugehören. Und dieses Irgendwo findet sie als Hilfskraft in einem Supermarkt, einem Kombini. Dort trägt man Uniform, es gibt exakte Benimm-Regeln und alle Abläufe wiederholen sich zuverlässig. Das gibt Keiko Sicherheit und das Gefühl, zu sein wie alle andern. Dann erscheint ein anderer Aussenseiter im Kombini, ein schimpfender Einzelgänger, unsympathisch. Aber auch einer, der nirgends dazugehört. Und so entscheiden sie, zusammenzuspannen. Nach aussen hin ein Paar zu geben, obwohl keinerlei emotionale Bindung besteht. Sie versuchen so, den gesellschaftlichen Druck aufzulösen, mit dem sie als «andere» immer konfrontiert sind. Es gibt kein Happyend, aber Keiko findet doch den Weg, der für sie stimmt. Eine wahrhaftig andere Geschichte. Ich meine, sie könne so nur in Japan spielen. Mich hat der kurze, kühle Roman fasziniert. Sayaka Murata wurde in ihrer Heimat schon mit grossen Literaturpreisen geehrt.
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