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Ein Roman der groovt

«Flimmern im Ohr» von Barbara Schibli

Es ist nach «Flechten» der zweite Roman von Barbara Schibli. Ganz andere Themen, ein anderer Focus, aber auch dieser Roman verbindet verschiedene Ebenen und Geschichten kunstvoll und ineinanderfliessend. Es sind so unterschiedliche Themen wie Hörbehinderung mit Cochlea-Implantat, Punk-Musik, Politik- und Feminismusgeschichte, Lebensmitte, Beziehungen. Und Zürich. Diese Erzählebenen greifen im Leben der Protagonistin ineinander und ergeben ein differenziert erzähltes Frauenleben. Der Roman hat einen starken Sog und ich wage zu sagen – in Bezug auf den Stellenwert des Punk – eine Sound-Struktur, die trägt und groovt und mitreisst. Es sind zwei Zeitebenen, in denen wir die Protagonistin Priska begleiten: Rückblickend in den 70er und 80er Jahren und in der Gegenwart von 2010. Priska ist dann 53-jährig und hat seit kurzem ein Cochlea-Implantat. Es ist einer der vielen Spannungsbogen der Geschichte bis wir erfahren, wodurch Priska ihren Hörverlust erlitten hat. In den 70er und 80er Jahren gab es in Priskas Leben vor allem Gina, die feministische Aktivistin, diese faszinierend-undurchschaubare Tessinerin, die wahrscheinlich in Kontakt stand mit der Brigate Rosse und der RAF – und dann plötzlich verschwindet aus Priskas Leben. Die zwei Frauen sind aktiv in der Zürcher Szene dieser Zeit, es gibt die ersten Clubs (die um Mitternacht schliessen!), Punk ist ihre Leidenschaft.

2010 erlebt die Schweiz die zweite Fichenaffäre, auch das eines der Themen, das Priska umtreibt. In der Gegenwart lebt sie in einer Partnerschaft mit Bengt, die beiden sind beruflich und finanziell arriviert, leben ein gutes Leben. Und es ergeben sich die Fragen, die sich eben in der Mitte des Lebens aufdrängen; neue Herausforderungen für Priska. Ein wunderbarer Roman der kleinen und grossen Transformationen, des persönlichen und gesellschaftlichen Wandels.


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