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Sommerlektüre zum Verschlingen

  • Margrit Schaller
  • 28. Juli
  • 1 Min. Lesezeit

DIE EINLADUNG von Emma Cline

«Es war alles ganz normal gewesen». Das ist fast alles, was wir über das Leben der jungen Protagonistin Alex erfahren. Über ihr Leben vor diesen 7 Tagen, die der Roman beschreibt. Und durch die ich mich fast atemlos durchgelesen habe, erschreckt, erstaunt, fasziniert und ja, manchmal auch (sozialpolitisch) angeekelt. Die 22-jährige Alex ist ein Callgirl in höchst prekärem Zustand. Ohne Geld und Obdach, nur mit einer Tasche voller Kleider, von ihrem letzten Liebhaber, dem reichen Simon, geschenkt. Reich sind sie alle, die Villenbesitzer auf Long Island, welche die Sommer in den Hamptons verbringen. Bei ihm meinte sie, mehr als ein Escortgirl zu sein, eine Freundin zu werden, sich einrichten zu können mit ihm in seinem Leben. Aber ein nächtliches Nacktbad mit einem Partygast hat gereicht, sie rauszuschmeissen aus diesem Traum. Sie ist sicher, dass es eine Rückkehr zu Simon gibt, an seiner grossen Party zum Labour Day, an der sie dabei sein wird. Die 7 Tage bis dann hangelt sie sich auf eine Art durchs Leben, wie ich das noch nie gelesen habe und mir gar nicht vorstellen konnte. Mit scharfem Blick für soziale Stufen, für Interaktion von oben und unten, von Bediensteten und Zahlenden gelingt es ihr, sich in Systeme reinzuhängen, die sie dann für ein, zwei Tage über Wasser halten. Dabei ist sie sehr unzimperlich, sie lügt, klaut, manipuliert. Und erzählt nie etwas über sich, auch uns Leser:innen nicht. Wir meinen das Ende vorherzusehen – aber das ist dann bei der Raffinesse einer Emma Cline nicht ganz eindeutig. 

ree

 
 
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