Zwischen Slapstick und Sozialkritik
- Elena Wilhelm
- 18. Juni
- 1 Min. Lesezeit

Nora Osagiobares Debütroman Daily Soap macht schon mit dem Titel klar, was die Leser:innen erwartet: ein literarisches Experiment im Gewand einer Fernsehseifenoper. Im Zentrum steht ein Skandal: Das Modehaus Banal & Bodeca wird wegen einer rassistischen Kampagne kritisiert. Als Imagekorrektur soll eine Reality-Soap mit ausschliesslich schwarzen Darsteller:innen produziert werden. Was folgt ist eine ausufernde Erzählung über Familienzwist, Liebesdramen, Schwangerschaften, Eifersucht, Sexualität und Tod. Der Roman will keine realistische Welt entwerfen, sondern eine satirisch zugespitzte Karikatur der Gegenwart. Dazwischen gibt es Werbeblöcke (gleich geht es weiter…), Fussnoten (die die Satire auf die Spitze treiben), fiktionale Ämter (nicht DOGE, nein, aber BARACK = Bundesamt für die Rationalisierung Andersfarbiger). Dramaturgie und Rhythmus imitieren konsequent eine Soap und es fühlt sich wie bei eben jenen nach kurzer Zeit ebenso vertraut wie etwas repetitiv an. Was zunächst durch seine Originalität und den rasanten Erzählfluss absolut begeistert, läuft Gefahr zu überdrehen. Der satirische Drive ist umwerfend - besonders in der Art, wie gesellschaftliche Themen wie Alltagsrassismus, Privilegien oder mediale Scheinheiligkeit verhandelt werden. Doch die Ironie nutzt sich auch ab. Auch die Namensgebung der Figuren wirkt etwas bemüht: Die Figuren tragen Namen wie Herr Banal, Frau Knall oder Echo, der eben nur ein Abklatsch seines Zwillingsbruders ist. Der Roman kippt manchmal in einen literarischen Slapstick, der vor allem Distanz schafft. Die Charakteren bleiben eher flach. Und dennoch: Daily Soap ist ein mutiges und eigenwilliges Debüt. Wer Lust auf eine literarische Form hat, die überzeichnet, gesellschaftlich scharf beobachtet und sich gegen Konventionen des Erzählens stellt, wird mit Daily Soap eine ungewöhnliche und überraschende, auf jeden Gall genüssliche Lektüre erleben.