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«Meisterin der politischen Poesie»

Doris Salcedo in der Fondation Beyeler Mit obigen Worten betitelt das «Kunstbulletin» treffend den umfassenden Bericht über diese sehr beeindruckende Ausstellung der kolumbianischen Künstlerin – ihrer ersten in der Schweiz. Die Objekte und Installationen führen uns zu menschlichen Abgründen, ausdrucksstark aber nicht explizit. Schon im ersten Raum mit Bettgestellen aus Metall und Stapeln von weissen Hemden, die von einer Eisenstange durchbohrt sind, weht uns eine beklemmende Gewalt entgegen. Im Ausstellungstext lesen wir, dass sich Werk auf ein Massaker in einer Bananenplantage beziehe. Dann stehen wir bezaubert vor einem riesigen Teppich aus konservierten Rosenblättern, sorgfältig zusammengenäht mit chirurgischem Faden. Dieser «Flor de Piel» ist einer ermordeten Krankenschwester gewidmet. Wir durchwandern einen Raum mit Tischen, immer zwei übereinander gestapelt (der obere verkehrt) und Erde dazwischen. Aus dem oberen Tisch spriesst feines Gras – feine Hoffnung aus dunklen Gräbern? Faszinierend die Schuhe, die in die Wand eingelassen und mit einer Tierhaut überdeckt sind. Die Künstlerin erinnert damit an verschwundene Frauen. Dann ein Saal mit Möbeln, durch Interventionen mit Beton unbenutzbar gemacht, fremd stehen sie da. Von unglaublicher Zartheit sind die vier aus Seidenfaden gewobenen Blusen, erst beim genauen Hinsehen entdecken wir die feinen, miteingewobenen Nadeln. Im grössten, leeren Saal dann das «Palimpsest»: Der ganze Boden ist mit grossen Steinplatten belegt, auf diesen sind mit unzähligen Löchern Namen geschrieben. Aus den Löchern tritt abwechselnd Wasser hervor und die Buchstaben werden sichtbar. Sie werden zu Namen von Menschen, die auf der Flucht über das Mittelmeer ihr Leben gelassen haben. Dann versickert das Wasser wieder. Und schliesslich die ineinander geschobenen Holztische, stellenweise mit Seide bespannt und mit menschlichem Haar «vernäht». Wunderbar, wie wir immer wieder neu sehen lernen durch Kunstwerke. (Bis 17. Sept. 2023)


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