Sie habe das Buch, erschienen letzten Herbst, in einem Zug geschrieben, so schnell wie noch nie eines, pausenlos, sagt Juli Zeh. Und diese Atemlosigkeit ist sehr spürbar, überträgt sich, mindestens im zweiten Teil, ganz und gar auf die Leser_in. Protagonist Henning ist ein durchaus aufgeschlossener Mann, er teilt sich Job, Haushalt und Kinderbetreuung halb-halb mit seiner Frau und findet das völlig ok. Da seine Frau mehr verdient als er, hat er immer wieder mal ein schlechtes Gewissen und setzt sich unter Druck, dafür im Haushalt mehr machen zu müssen. Überhaupt ist Henning nicht so zufrieden, wie er von aussen gesehen eigentlich sein könnte: Die Arbeit in einem Sachbuch-Verlag ist spannend, die Hausarbeit gut organisiert, die Kinder sind natürlich anstrengend, aber süss und clever. Seit der Geburt der Tochter vor zwei Jahren plagen Henning Panikattacken. Herzrasen und grässliche Ängste überfallen ihn aus heiterem Himmel und bringen ihn an seine Grenzen. Dann organisieret er einen Neujahrsurlaub mit der Familie auf Lanzarote und damit beginnt die zweite Hälfte des Buches. Er wusste es nicht mehr, aber er war schonmal da als etwa Fünfjähriger, mit den Eltern und seiner noch nicht mal zweijährigen Schwester. Das unglaubliche Drama, das sich damals abspielte, musste er bis anhin verdrängen. Aber als er nach einer extremen Bergradtour zu einem einsamen Haus hoch oben am Berg über Femés kommt, brechen die Erinnerungen dieses Kindheitsdramas in ihm auf. Und das ist in einer Intensität und Schmerzhaftigkeit geschrieben, dass mir beim Lesen buchstäblich der Atem gestockt hat. Juli Zeh bearbeitet ja die unterschiedlichsten Themen - und sie kann es manchmal fantastisch gut, wie in diesem Buch.
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