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Schwarze Zeiten in Nordirland

Cushla Lavery ist eine junge Primarschullehrerin in einem Vorort von Belfast. Sie ist Katholikin und unterrichtet an einer katholischen Schule in vorwiegend protestantischer Umgebung. Diese Facts sind von existenzieller Wichtigkeit im Jahr 1975 in Nordirland. Cushlas Mutter ist Alkoholikerin, ihr Bruder führt eine Bar, wo sie abends manchmal aushilft. Der Alltag ist geprägt von ständiger Bedrohung. Menschen werden umgebracht, weil sie auf der falschen Seite stehen – und alle sind auf der falschen Seite. Cushla verliebt sich in den Prozessanwalt Michael Agnew, der sich weigert, die Welt in religiöse Kategorien einzuteilen, sondern einfach Recht sprechen will und sich damit exponiert. Er ist verheiratet und Protestant, die leidenschaftliche Liebesaffäre ist für beide hoch brisant. Durch ihn lernt Cushla einige intellektuelle, protestantische Belfaster kennen, die Gälisch (Irisch) lernen wollen. Es ist sehr erhellend und beeindruckend mitzuerleben, wie auch gebildete, kritische Menschen in diesem brutalen Schwarz-Weiss-System gefangen sind. Cushla will eine gute, engagierte Lehrerin sein, aber auch das ist eine Herausforderung, unter diesen prekären Bedingungen. Die Geschichte steuert mit unausweichlicher Dringlichkeit auf ein dramatisches Ende zu und zieht einen unglaublich in Bann. Der Roman zeichnet alle Figuren sehr differenziert und glaubhaft, die Atmosphäre ist von überzeugender Stimmigkeit. Es ist der erste Roman der 56-jährigen Louise Kennedy. Hoffentlich nicht ihr letzter.




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