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Vincenzo Todisco: Das Eidechsenkind

Das Eidechsenkind lebt in den 60er Jahren in Zürich – illegal, von seinen Eltern in der Wohnung versteckt. Der Vater, ein tüchtiger, italienischer Muratore kommt mit seiner Frau in die Schweiz um in ein paar Jahren genügend Geld anzusparen für eine neue Perspektive in der Heimat, ein Haus und ein eigenes Geschäft. Die Mutter putzt und arbeitet später in einer Fabrik. Und eben, das Kind ist auch hier, dürfte aber nicht sein. Es gibt noch keinen Familiennachzug. So wird das Kind über Jahre eingesperrt, immer zur Ruhe und Unsichtbarkeit ermahnt, es durchmisst in endlosen Stunden die Wohnung, Schritte zählend. Das macht auch beim Lesen schmerzhaft eng. Gut eingefangen ist die Stimmung und die Mitbewohner in diesem Block (es könnte im Zürcher Kreis 4 oder 5 sein). Der Mief der 60iger und am Fernseher der Mann mit der Pfeife, der sagt, es seien zu viele Italiener und andere Ausländer im Land. Die Geschichte wird immer beklemmender, geht stellenweise an die Schmerzgrenze und zum Schluss ist alles offen – nur gut kann es nicht mehr werden. Todsico ist mit seinem Bruder Martin, Cantoautore, bei «Zürich liest» aufgetreten und hat dort gesagt, ja, er habe die Situation des Kindes zugespitzt. Aber Tatsache bleibt, dass es wohl Hunderte solcher und ähnlicher Situationen gab. Damals, als wir Arbeiter riefen und Menschen kamen.


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