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Wenn das Leben davon schwimmt

«Solange wir schwimmen» von Julie Otsuka Soll ich ein Buch empfehlen, von dem ich zwei Drittel eher anstrengend fand, den letzten Teil so berührend, dass mir die Tränen kamen - ? Aber der ganze Roman ist irgendwie auch ein Spracherlebnis. Es gibt da seitenlange Aufzählungen. Im ersten Teil lernen wir die Benutzer:innen eines öffentlichen Hallenbades kennen. Aber wir lernen nicht die Menschen, nur ihren Schwimmstil, ihr Verhalten beim Abschwimmen der Bahnen und eventuell die Farbe ihrer Badehose kennen. Und dann kommt die Geschichte mit dem Riss im Boden des Schwimmbeckens. Und die immer zahlreicher werdenden Risse, deren Grund auch durch seriöse bautechnische Abklärungen nicht herausgefunden wird. Schliesslich wird das Bad geschlossen und wir lernen Alice kennen, eine der Schwimmerinnen, deren beginnende Demenz bekannt ist, aber noch nicht weiter tragisch. Der zweite Teil des Romans schildert ihren Weg, auf dem sie sich immer mehr abhandenkommt. Erzählt wird er von ihrer Tochter und da kommen wieder Aufzählungen: Was ihre Mutter noch weiss, und was eben nicht. Das ist sehr gewandt, leicht auch, aber in der Intensität eben herausfordernd. Der Vater ist auch noch da, die beiden Brüder wohnen weit weg und kümmern sich nicht. Die Tochter ist nach vielen Jahren fast ohne Kontakt zu den Eltern wieder da, nahe bei der Mutter, die inzwischen im Heim ist. Ein Kapitel liest sich auch wie eine differenzierte, sachliche Werbung für dieses.  Und dann, gegen Schluss des schmalen Bandes von 150 Seiten gibt es Szenen, die den Zustand der nur noch punktuellen Verbundenheit mit dieser Welt und dem eignen Leben so fein beschreiben, dass ich zutiefst berührt war.



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